Zum Nachhören: Der Befreite - Koch Roland Trettl in "Feuer und Flamme"

Als Roland Trettl aus Oberbozen im Dezember 2013 seinen Job als Executive Chef im Restaurant „Ikarus“ des legendären Hangar 7 in Salzburg nach zehn Jahren hinschmiss - einen der hippsten und herausforderndsten der Koch-Szene weltweit - schüttelten viele den Kopf. Doch das kümmerte ihn wenig. Das Berechenbar- und Brav-Sein überließ er immer schon den anderen. „Allein im Jahr 2013 war ich an die 15 Mal im Krankenhaus, weil ich dachte, ich hätte einen Herzinfarkt oder einen Hirnschlag“, erzählt Trettl, „natürlich war nie was. Aber mein Körper hat mir eindeutig gezeigt, dass er den Stress, den ich jahrelang hatte, nicht mehr mitmacht.“

Der Sternekoch ließ den Stern zurück, sein gewohntes Umfeld, sein Team und hatte keinen Plan, wie es weitergehen würde. Einen genauen Plan gibt es bis heute nicht. „Aber genau das ist das Spannende“, freut sich Trettl, „ich bin stolz auf meinen Mut.“ Er kocht heute hier, morgen da, und leistet sich den Luxus eines Praktikums zwischendurch. Beim Tischler, beim Schneider, beim Hutmacher. Irgendwo in ganz weiter Ferne träumt Roland Trettl von einem Restaurant, in dem jedes Stück von ihm stammt – nicht nur die Speisen auf dem Teller.

Ob er gemocht wird, interessiert Roland Trettl wenig. Einer der ersten Staatsakte seit seinem Abschied vom Hangar 7 ist deshalb ein neues Buch, das Anfang November erscheint: eine Abrechnung mit all dem Gourmet-Glamour, den Trettl jahrelang auf seinen Reisen durch die Sterneküchen dieser Welt aufgesaugt hat und der so glamourös gar nicht immer ist. „Ich bin der Meinung, dass ich alles, was ich gesehen habe in meinem bisherigen Leben als Koch, erst einmal verarbeiten muss. Das kann ich tun, indem ich zum Psychologen gehe – oder indem ich alles aufschreibe“, lacht der Oberbozner. „Warum muss ein Salatbuffet in einem Luxushotel heute noch aussehen wie vor vierzig Jahren, warum hat sich da nichts weiterentwickelt, wo sich doch alles weiterentwickelt hat? Ich stelle nicht nur Köche in Frage, sondern die gesamte Kulinarik.“

„Ich bin Flüchtlingshelfer“ lautet einer der jüngsten Facebook-Posts von Roland Trettl. Ein Statement, ein Bekenntnis – keine Pressearbeit. Denn auf die verzichtet Trettl, wenn er wieder einmal mit Flüchtlingen kocht. In Badgastein unterrichtet Roland Trettl gemeinsam mit dem Gastronomen und Politiker Sepp Schellhorn ganz gezielt Flüchtlinge in den Grundprinzipien des Kochens. Die Bescheinigung, die sich die Flüchtlinge nach drei Monaten erarbeiten, soll ihnen den Einstieg in das Berufsleben erleichtern. 

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